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Ein Besuch im Tiroler Steinbockzentrum in St. Leonhard im Pitztal

Das Tiroler Steinbockzentrum wurde im Sommer 2020 eröffnet: eine Ausstellung mit Mini-Alpen-Zoo – oder ein Tiergehege samt Museum? Wir haben das Steinbockzentrum in St. Leonhard im Pitztal besucht – und sind dabei im Freigehege bis auf drei (naja, vielleicht warens auch fünf ;-)) Meter an die majestätischen Tiere herangekommen.

Wobei man schon sagen muss, dass die eigentliche Königin der Berge die Steingeiß ist – und eben nicht der König der Berge der Steinbock. Ernst Partl, der Geschäftsführer des Naturparks Kaunergrat, der das Tiroler Steinbockzentrum iniziiert hat, muss es wissen. Die Damen sind deutlich wendiger – und das liegt schlichtweg daran, dass das Geweih des Herrn Steinbocks bis zu einem Meter groß wird und ihn entsprechend mehr behindert als der eher übersichtliche Kopfschmuck der Geißen.

Aber die Geschichte erzählen wir am besten von Anfang an: Der Steinbock begegnet Dir im Pitztal überall. Er ist das Wappentier des Tiroler Hochtals, das vor allem für seine Wintersportmöglichkeiten rund um den Pitztaler Gletscher bekannt ist. So finden sich Steinböcke auf vielen Hotelfassaden, Rathäusern, Gemeindezentren, Bushaltestellen und selbst Wandererbänken. Mit dem Tiroler Steinbockzentrum haben die Pitztaler ihrem liebsten Tier nun ein ziemlich lebendiges Denkmal gesetzt: mit Einkehrcafé, Ausstellung und Freigehege. Ein Besuch.

Wir haben unseren Besuch in der Reihenfolge Café – Ausstellung – Gehege absolviert. Und das war auch gut so, denn während wir ein leckeres Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat verdrückt haben, war es so leise, dass der Ernst Partl mehr über die Entstehung des Zentrums erzählen konnte, vom architektonischen Ansatz des markanten Betonkubus des Gebäudes, über die ambitionierten Zukunftspläne mit dem nebenstehenden Schrofenhof, einem der ältesten Höfe des Tals (der bis 1265 zurückzuverfolgen ist), über die Idee einer Naturbildungsstätte nebenan – und über die zwei sehr gegensätzlichen, aber stimmigen Ausstellungen in den Obergeschossen.

Der Bau des Zentrums hat eineinhalb Jahre gedauert und 3,7 Millionen Euro gekostet – eine Summe, die dank der Förderung aus den verschiedensten Töpfen des Landes Tirol, der Republik Österreich und der Europäischen Union vor Ort gestemmt werden konnte. Entstanden ist nicht nur eine Steinbock-Show, sondern vor allem ein Ort, in dem es um die Beziehung von Mensch, Kultur und Natur im Pitztal geht, und auch eine Servicestelle für Umweltbildung und ein Präsentationsort für Erinnerungen. „Wir machen das auch für die Bürger im Tal und wollen hier die Leute zusammenbringen, gleich ob sie zum Essen, zum Erinnern oder zum Steinböckegucken kommen!“, sagt Partl, mit dem wir sogleich die nächste Etage erklimmen (…vorher kostet’s übrigens 8 Euro Eintritt für Erwachsene oder 24 Euro für die Familie!). Die Ausstellung beleuchtet ein Handwerk oder eine Kunst, die man auf den ersten Blick im Tal nicht vermuten konnte. Aber seit über einem Jahrhundert fotografieren Pitztaler meisterlich und haben es zu überregionalem Ruhm gebracht. Viele beeindruckende Foto-Zeugnisse können wir sehen, angereichert um Ton- und Bilddokumente von Zeitzeugen.

Natürlich sind wir nicht wegen Schwarzweißfotografien hier, sondern wegen der Steinböcke. Die werden im Obergeschoss schon ein bisschen lebendiger. Es ist eine wilde Geschichte, die uns der Partl Ernst erzählt. Lange, lange waren die Steinböcke und Steingeißen ausgerottet in fast ganz Europa. Nur in Italien gab es noch rund 60 Exemplare, deren Jagd oder Entnahme vom damaligen König strengstens untersagt wurde (…er jagte selber leidenschaftlich gerne auf Steinböcke! ;-)) So wurden aus der Schweiz heraus Wilderer beauftragt, Tiere zu „besorgen“, die in waghalsigen Nacht- und Nebel-Manövern den Weg zu den Eidgenossen – und viele Jahre später auch ins Pitztal fanden. Vor 67 Jahren war das – und zunächst schien es, als ob der Wiederansiedlung kein Erfolg beschieden sei, es gab kaum Nachwuchs! Doch als die Tiere aus dem Gatter ausbrachen, wendete sich das Blatt – denn in der freien Wildbahn vermehrten sich die Tiere prächtig. So kommt es, dass König und Königin der Alpen heute wieder mit rund 600 Exemplaren in den Höhenzügen ums Pitztal heimisch geworden sind – und eben als Wappentier auf fast jeder Bank :-)

Über eine Stahlbrücke gelangen wir hinüber zum Gehege, in dem wir tatsächlich mitten durchs Rudel laufen können. Der junge Bock hat’s schwer, steht er doch nach seiner Übersiedlung aus dem Alpenzoo in Innsbruck noch schwer unter der Fuchtel der älteren Geißen, „aber das wird sich noch richten“, sagt Partl, der auch darauf verweist, dass der Rundgang durchs Gehege nicht selbstverständlich ist. Zwei Studentinnen der Uni Münster untersuchen gerade, ob die nahen Besucher die Tiere unter Stress setzen, übrigens mit täglichen Losungs-Proben!

Die Tiere machen aktuell nicht den Eindruck, als ob sie sich durch uns besonders gestört fühlen, als Zootiere sind sie aus Innsbruck vermutlich einiges gewohnt! So haben wir die eindrucksvolle Chance, die Tiere aus nächster Nähe zu bestaunen, natürlich immer von den ausgewiesenen Wegen aus. Geißen und Böcke sind majestätisch, bewegen sich anmutig und sie sind behände im Gelände unterwegs. Bis zu 4 Meter hoch können die Tiere aus dem Stand springen – was uns der Bock auch gleich mit einem Satz auf den Aussichtsfelsen beweist.

Ein eindrucksvolles Erlebnis im Tiroler Steinbockzentrum, das mit einer Runde über den Spielplatz an der Freiterrasse auch für Kinder ein eindrucksvolles Ende nimmt.

Tipp: Parkt am besten am Gemeindezentrum in St. Leonhard und lauft auf dem herrlichen Waldweg ca. 10 Minuten hinauf zum Steinbockzentrum! Mehr Infos findet ihr unter www.steinbockzentrum.at!

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